Pressemitteilung G-BA: Bundeseinheitliche Sonderregeln für verordnete Leistungen

Nr. 57 / 2020

Veranlasste Leistungen

Corona-Pandemie: G-BA aktiviert bundesein-heitliche Sonderregeln für verordnete Leistun-gen

Berlin, 30. Oktober 2020 – Angesichts der exponentiell steigendenCorona-Infektionszahlen in Deutschland hat der Gemeinsame Bundes-ausschuss (G-BA) heute weitere zeitlich befristete bundeseinheitliche Sonderregelungen bei ärztlich verordneten Leistungen aktiviert. Sie gel-ten bundeseinheitlich vom 2. November bis zum 31. Januar 2021 und werden, je nachdem, wie sich das Pandemiegeschehen in Deutschland entwickelt, vom G-BA nochmals verlängert. Inhaltlich knüpft der G-BA an die bereits aus den Frühjahrsmonaten bewährten Ausnahmemöglichkei-ten im Bereich der ärztlich verordneten Leistungen an. Die heute be-schlossenen Regelungen ergänzen insbesondere die bereits geltenden Sonderregelungen im Bereich der ärztlich verordneten Leistungen: tele-fonische Krankschreibung bei leichten Atemwegserkrankungen (Oktober 2020) und Krankentransportfahrten von COVID-19-positiven Versicher-ten (seit Frühjahr 2020).

„Die Corona-Pandemie verlangt von uns allen, umsichtig und weitsichtig zu agieren. Nur zusammen werden wir die kommenden Wochen der Kontaktbeschränkungen erfolgreich meistern. Auch wenn es schwerfällt, das Gebot der Stunde ist jetzt, unnötige persönliche Kontakte in allen Bereichen zu vermeiden. Das gilt vor allem auch zum Schutz jener Men-schen, die aufgrund von bestimmten Vorerkrankungen ein erhöhtes Ri-siko mitbringen, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Für die Gesund-heitsversorgung heißt das nun: Wir müssen jene notwendigen Anstren-gungen und Maßnahmen ergreifen, die das Infektionsrisiko verringern, ohne dass kranke Menschen auf wichtige Behandlungen verzichten müssen. Damit weder der Weg in eine Praxis noch der Aufenthalt dort zur Gefahr wird, sollen Ärztinnen und Ärzte Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege sowie Heil- und Hilfsmittel nach telefonischer Anamnese ausstellen können. Gleiches gilt für die Verordnung von Krankentransporten. Weitere Änderungen betreffen z. B. die Fragen, wie lange eine Verordnung gültig ist und wann sie bei der Krankenkasse vor-gelegt werden muss. Zudem können bestimmte verordnete Leistungen aus dem Bereich der Heilmittelversorgung bis Ende Januar 2021 auch wieder als Videobehandlung angeboten werden. Wir sind sicher, dass diese Sonderregelungen nicht nur den Patientinnen und Patienten hel-fen, sondern auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der medizini-schen Praxen, um die Anforderungen der Corona-Pandemie bestmög-lich zu meistern“, so Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA.

Diese neuen Sonderregelungen werden vom 2. November 2020 bis zum 31. Januar 2021 die bereits bestehenden bundesweiten Aus-nahmeregelungen ergänzen:

  • Videobehandlung

Eine Behandlung kann auch als Videobehandlung stattfinden, wenn dies aus therapeutischer Sicht möglich ist und die Patientin oder der Patient damit einverstanden ist. Diese Regelung gilt für eine Vielzahl von Heil-mitteln, die von Vertrags(zahn)ärztinnen und -ärzten verordnet werden können. Auch Soziotherapie und psychiatrische häusliche Kranken-pflege können mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten per Vi-deo erbracht werden.

  • Verordnungen nach telefonischer Anamnese

Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel und Heilmit-tel dürfen auch nach telefonischer Anamnese ausgestellt werden. Vor-aussetzung ist, dass bereits zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgt ist. Die Verordnung kann dann postalisch an die Versicherte oder den Versicherten übermittelt werden.

Gleiches gilt für Verordnungen von Krankentransporten und Kranken-fahrten. Sie sind ebenso aufgrund telefonischer Anamnese möglich.

  • Verlängerung der Vorlagefrist für Verordnungen

Die Frist zur Vorlage von Verordnungen bei der Krankenkasse wird für häusliche Krankenpflege, spezialisierte ambulante Palliativversorgung und Soziotherapie von 3 Tagen auf 10 Tage verlängert.

  • Erleichterte Vorgaben für Verordnungen

Heilmittel-Verordnungen bleiben auch dann gültig, wenn es zu einer Leistungsunterbrechung von mehr als 14 Tagen kommt. Darüber hinaus wurden die Vorgaben für bestimmte Fristen bei Verordnungen im Be-reich der häuslichen Krankenpflege angepasst: Folgeverordnungen müssen nicht in den letzten 3 Arbeitstagen vor Ablauf des verordneten Zeitraums ausgestellt werden. Außerdem können Ärztinnen und Ärzte Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege für bis zu 14 Tage rück-wirkend verordnen. Ebenfalls muss vorübergehend eine längerfristige Folgeverordnung von häuslicher Krankenpflege nicht begründet werden.

Der Beschluss tritt nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger mit Wirkung zum 2. November 2020 in Kraft.

Sämtliche vom G-BA beschlossenen Corona-Sonderregelungen sind un-ter folgendem Link zu finden: www.g-ba.de/sonderregelungen-corona

Hintergrund

Der G-BA hatte in einem Grundlagenbeschluss vom 17. September 2020 festgelegt, welche Ausnahmeregelungen für ärztlich verordnete Leistungen aktiviert werden können, wenn es in einzelnen Regionen wieder zu steigenden Infektionszahlen durch das Coronavirus kommt und Schutzmaßnahmen greifen. Dabei setzen Ausnahmebeschlüsse nach § 9 Absatz 2a der Geschäftsordnung des G-BA Beschränkungs-konzepte in sogenannten Risikogebieten voraus, die abhängig vom je-weiligen Landesrecht auf regionaler oder auf Landesebene beschlossen werden.

In seiner Plenumssitzung vom 15. Oktober 2020 hatte sich der G-BA da-rauf verständigt, auf Basis des genannten Grundlagenbeschlusses über die Aktivierung entsprechender Sonderregelungen für ärztlich verord-nete Leistungen zu beraten und spätestens am 5. November 2020 hierzu zu beschließen. Angesichts der aktuellen Entwicklung des Infekti-onsgeschehens hat der G-BA es für notwendig gehalten, die regionalen Sonderregelungen nunmehr für alle 16 Bundesländer anzuwenden. Da-her hat er keine regional begrenzten, sondern bundesweit geltende Son-derregelungen beschlossen. In Vorbereitung des Beschlusses konnten alle Bundesländer eine Stellungnahme abgeben.

Der Beschluss wurde aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände gemäß § 9 Absatz 2 Satz 4 Geschäftsordnung des G-BA im schriftlichen Abstimmungsverfahren gefasst. Das Bundesgesundheitsministerium als Aufsichtsinstanz ist vorab darüber informiert worden.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemein-samen Selbstverwaltung der Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Psychothera-peutinnen und Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er be-stimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für etwa 73 Millionen Versicherte. Der G-BA legt fest, welche Leistungen der medizini-schen Versorgung von der GKV übernommen werden. Rechtsgrundlage für die Arbeit des G-BA ist das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V). Entsprechend der Patientenbeteiligungs-verordnung nehmen Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter an den Beratungen des G-BA mitberatend teil und haben ein Antragsrecht.

Den gesundheitspolitischen Rahmen der medizinischen Versorgung in Deutschland gibt das Parlament durch Gesetze vor. Aufgabe des G-BA ist es, innerhalb dieses Rahmens einheitliche Vorgaben für die konkrete Umsetzung in der Praxis zu beschließen. Die von ihm beschlossenen Richtlinien haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle Akteure der GKV bindend.

Bei seinen Entscheidungen berücksichtigt der G-BA den allgemein anerkannten Stand der medi-zinischen Erkenntnisse und untersucht den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Leistung aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen. Zudem hat der G-BA weitere wichtige Aufgaben im Bereich des Qualitätsmana-gements und der Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Versorgung.

Weitere Informationen finden Sie unter www.g-ba.de

Quelle: Pressemitteilung Nr. 57/2020 gemeinsamer Bundesausschuss gemäß §91 SGB V – Stabsabteilung Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation www.g-ba.de und www.g-ba.de/presse-rss