„Keiner sieht´s. Eine(r) spürt´s. Multiple Sklerose – vieles ist unsichtbar“ so das Motto des diesjährigen Welt-MS-Tages am 30. Mai

Was ist MS?

Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die bei den Betroffenen sehr unterschiedlich verlaufen kann. Meist beginnt die MS im frühen Erwachsenenalter, selten auch schon im Kindes- oder Jugendalter. In Deutschland leben ca. 200.000 Menschen mit Multipler Sklerose. Jedes Jahr wird bei etwa 2.500 Menschen neu eine MS festgestellt.

Durch die Entzündung wird an unterschiedlichen Stellen im Gehirn die „Isolationsschicht“ (sog. Myelin) von Nervenfasern angegriffen, wodurch die Signalleitung und -übertragungen im Nervensystem gestört werden. Folge sind – je nach Ort der Schädigung ganz unterschiedliche – neurologische Ausfallsymptome wie Sehstörungen, Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen u.a.. 

Die Ursachen von MS sind noch nicht geklärt. Klar ist, dass eine „Fehlsteuerung“ des Immunsystems eine wichtige Rolle spielt, bei der sich Abwehrzellen irrtürmlich gegen körpereigene Strukturen wenden. Daneben werden aber auch genetische Faktoren sowie der Einfluss von Umweltfaktoren vermutet. 

Wie verläuft MS?

Grundsätzlich gibt es keinen typischen MS-Verlauf. Im Gegenteil: MS ist gerade durch den von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlichen Verlauf gekennzeichnet.

Bei vielen MS-Kranken verläuft die Erkrankung gutartig, bei einigen Patienten aber auch schwer. In den meisten Fällen bilden sich die zu Beginn der Erkrankung schubartig auftretenden neurologischen Symptome mehr oder weniger vollständig zurück. Bei wiederholt auftretenden „Schüben“ können dann aber je nach klinischem Verlauf auch zunehmende Beeinträchtigungen auftreten, die sich nicht gut zurückbilden und dauerhaft bestehen bleiben (sog. klinische Residuen). Bei 10-15% der Patienten entwickeln sich die Symptome nicht in Schüben, sondern schleichend-fortschreitend (sog. primär-chronisch progredienter Verlaufstyp). Bei ca. 30-40% der zunächst schubförmig verlaufenden Erkrankungen kommt es nach etwa 10-15 Jahren zu einem Übergang in eine chronisch progrediente Verlaufsform (sog. sekundär-chronisch progredienter Verlaufstyp).

Wie wird MS behandelt?

Obwohl die MS bis heute nicht heilbar ist, gibt es neben der Behandlung des akuten Schubs inzwischen eine Reihe unterschiedlicher Medikamente, die durch Vorbeugung von Krankheitsschüben das Fortschreiten der Erkrankung und das Auftreten von Behinderungen verhindern oder zumindest verzögern. Je nach Schweregrad der Erkrankung kommen Immunmodulation oder Immunsuppression zum Einsatz. Bei der Immunmodulation versucht man Mechanismen die das Immunsystem stimulieren und solche, die es dämpfen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die Immunsuppression hemmt das Immunsystem, um Angriffe auf das körpereigne Nervenzellen zu verhindern. Ein frühzeitiger Beginn dieser verlaufsmodifizierenden Therapie ist empfehlenswert. Darüber hinaus ist die Behandlung residueller Symptome durch medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien (z.B. Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie) erforderlich. Wichtig ist ein auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten zugeschnittenes Behandlungskonzept mit guter fachlicher Anbindung unter Berücksichtigung u.a. der Erkrankungsschwere, der Schubhäufigkeit, des Patientenalters, der Lebensplanung und Begleiterkrankungen.

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Rosenkranz
Facharzt für Neurologie, Spezielle Neurologische Intensivmedizin, DEGUM Seminarleiter Stufe III
Chefarzt der Klinik für Neurologie und Neurologische Frührehabilitation
Ärztlicher Direktor der Albertinen-Krankenhaus/Albertinen-Haus gemeinnützige GmbH